Submitted by admin on Mi, 10/03/2021 - 16:10

In philosophischen Zusammenhängen ist der Essay seit Michel de Montaignes „Essais“ (1572-1592) eine traditionelle Schreibform, die es ermöglicht, sich (relativ) offen und vom eigenen Subjekt ausgehend im philosophischen Denken zu „versuchen“, diese Gedanken dabei dennoch zueinander in eine Ordnung zu bringen und damit auch etwas über sich selbst herauszufinden.

In meinem Ethikunterricht steht daher schon zu einem vergleichsweise „frühen“ Zeitpunkt (ab der 8. Klasse) das Verfassen philosophischer Essays im Blickpunkt, da die Schülerinnen und Schüler sich so gut im Philosophieren üben können.

Dass dies nicht nur eine individuelle Lehrerinnen-Sicht auf die Schreibform Essay ist, zeigt sich daran, dass es seit den 1990er Jahren mehrere Essay-Wettbewerbe für Schülerinnen und Schüler in einzelnen Bundesländern und im ganzen Bundesgebiet gibt. In diesem Schuljahr habe ich für zwei Schülerinnen die Teilnahme an einem solchen Wettbewerb organisiert, dem „Bundes- und Landeswettbewerb Philosophischer Essay“.

Voller Stolz darf ich berichten, dass beide Schülerinnen, Hanna El Ouennass aus der E-Phase und Lotte Fabinski aus der Q-Phase, mit ihren Essays Preise erzielt bzw. in die nächste Runde dieses durchaus anspruchsvollen Wettbewerbs gekommen sind. Im Folgenden berichten sie über ihre Erfahrungen mit dem Essay-Wettbewerb. Die beiden Essays zur Frage „Müssen wir glücklich sein wollen?“ können über den folgenden Link auf der Homepage der Helmholtzschule gelesen werden.

Sarina Loh, Ethik-, Philosophie- und Deutschlehrerin an der Helmholtzschule

 

 

Die Teilnahme am Essay-Wettbewerb ist interessant und steckt voller Chancen! Das Schöne an einem philosophischen Essay ist, dass er die Möglichkeit bietet, sich von den konventionellen, strikten Gliederungen anderer Textformate loszulösen und dem Text einen ganz persönlichen Touch zu verleihen.

Zur Auswahl standen vier Themen. Unabhängig voneinander entschieden wir uns beide dafür, unser Essay der Frage „Müssen wir glücklich sein wollen?“ zu widmen. Dieses Thema gefiel uns besonders gut, da es eine sehr offene inhaltliche Gestaltung ermöglichte. Außerdem betrifft uns das Thema selbst auch direkt - Glück ist ein zentrales Thema im Leben eines jeden Menschen. Während des Schreibprozesses näherten sich die komplexen Theorien bekannter Philosophen deshalb den eigenen Erfahrungen, was automatisch zur Selbstreflexion anregte. Im Hinblick auf eigene Einstellungen, Gefühle und Gedanken, Träume und Wünsche hatte das Schreiben also einen tatsächlichen Mehrwert!

In unseren unterschiedlichen Behandlungen der gleichen Ausgangsfrage und den konträren Fazits zeigt sich deutlich, wie breit die Thematik ist. Dies erschwerte das Beibehalten einer klaren selbst gewählten Struktur und das Einhalten der vorgegebenen Textlänge von maximal vier Seiten. Interessant ist jedoch, dass sich trotzdem einige unserer Gedanken überschneiden. Wir beide haben zwar mit unterschiedlichen Theorien des Glücks und verschiedenen Philosophen gearbeitet, jedoch ist uns beim Austausch unserer Essays schnell aufgefallen, dass die Theorien aufeinander aufbauen und daher im Kern ähnliche Aussagen treffen. Auch das Einbeziehen der Wirkungen äußerer Einflüsse hat gezeigt, wie ähnlich wir scheinbar über das Glück denken, auch wenn wir völlig unterschiedliche Wege dorthin vertreten und verfolgen.

Nicht zu vergessen sind auch die tollen Preise, die man gewinnen kann! So werden die Landesbesten zu einer Winterakademie eingeladen, wo sie ihr Interesse vertiefen und fremdsprachige Essays für den Bundesentscheid schreiben können. Dort besteht außerdem die Chance, Stipendien, Praktika und die Teilnahme an der internationalen Philosophie-Olympiade als VertreterIn Deutschlands zu gewinnen.

Der Wettbewerb ist also eine tolle Chance, um den eigenen Horizont zu erweitern, den Spaß am Schreiben zu finden und sich im Schreiben von Essays zu üben.

Und wer weiß - vielleicht kann man durch die Teilnahme auch schon den Grundstein für eine weitere erfolgreiche akademische Laufbahn legen.

Hanna ElOuennass, E2 und Lotte Fabinski, Q4